Aus Life Enhancement Magazin
Serotonin (5-HT) liegt in der Luft. Während wir den 50zigsten Geburtstag seiner Entdeckung feiern können, zeigt uns Serotonin erst heute seinen wahren Wert als Neuroüberträger. Der Körper eines Erwachsenen verfügt im Durchschnitt über nicht mehr als 10mg 5-HT. Dabei ist im Laufe des letzten halben Jahrhunderts deutlich geworden, dass keine andere physiologisch wirksame Substanz über ein derart vielfältiges Wirkungsspektrum verfügt. Ebenso wie die ihm verwandten Katecholamine Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin wirkt Serotonin (5-hydroxytryptamin) im gesamten Organismus:
Im zentralen Nervensystem (ZNS) hat 5-HT eine überaus vielfältige Reihe von Aufgaben wahrzunehmen bezw. seinen Anteil an ihnen wie u. a. dem Schlaf, dem Appetit, der Gedächtnisfunktion, Lernprozessen, Temperaturregulation, Stimmungen, sexuellem Verhalten, cardiovaskulären Funktionen, Muskelkontraktionen sowie endokrinen Regulationen. Ein niedriges Serotoninniveau wird mit impulsivem Verhalten, Agressionen, Essucht, Depressionen und Neigung zu Selbstmord in Verbindung gebracht.
Zusätzlich zu diesen Schlüsselfunktionen zeigt sich, dass eine Erhöhung serotonergischer Aktivität Veränderungen in der Persönlichkeitstruktur implizieren kann. In seinem Verkaufsschlager "Listening to Prozac" (frei übersetzt "Auf Prozac hören") argumentiert der Psychiater Peter D. Kramer, MD, dass der Einsatz von Prozac und verwandter Substanzen einigen Menschen helfen kann, ihre Persönlichkeitsstruktur neu zu ordnen. Diese Behauptung hat eine neue Gruppe von Prozacnutzern entstehen lassen - Menschen mit keiner erkennbaren psychiatrischen Krankheit, die sich einfach selbstsicherer, normaler, mental gelockert und gefühlsmäßig beschwingt fühlen wollen.1
Die Wertschätzung von 5-HT ist bei der pharmazeutischen Industrie oder den Nachrichtenmedien jedoch nicht untergegangen. In den vergangenen Jahren haben nationale Nachrichtenmagazine wiederholt die Rolle hervorgehoben, die Prozac und andere Mitglieder dieser Drogenklasse - bekannt als selektive Wiederaufnahmehemmer oder SSRI's - potentiell durch Erleichterung von allem und jedem angefangen bei Depressionen bis hin zu Herzkranheiten spielen. Ein rezenter Artikel in The APA Monitor, dem Hausorgan der American Psychological Association, fragte: "Ist Serotonin der Schlüssel, die scheuslichsten Krankheiten der Gesellschaft zu behandeln?"2
Und in einem Artikel in Drug Topics, der Universität von Mississippi nannte
der Wissenschaftler Ronald F. Borne, PhD, Serotonin als den "Neuroüberträger der
Neunziger".3 "Unter den chemischen Neuroüberträgerstoffen" schreibt
Dr. Borne, "ist Serotonin in der Ätiologie (Lehre von den Krankheitsursachen)
oder der Behandlung verschiedenster Störungen, im besonderen des zentralen
Nervensystems einschließlich Angst, Depressionen, Zwangsvorstellungen und
-handlungen, Schizophrenie, Schlaganfall, Fettsucht, Schmerzen, Bluthochdruck,
Störungen in Bereichen des Gefäßsystems, Migräne und Nausea (Übelkeit)
vielleicht die am stärksten beteiligte Substanz.
Prozac und andere SSRI's erhöhen die Serotoninverfügbarkeit in den Synapsen (den Verbindungsstücken zwischen den Neuronen (Hirnzellen)) indem sie ihre Wiederaufnahme blockieren. Man kann die Serotoninverfügbarkeit auch durch Zufuhr von außen durch Aufnahme der Stoffwechselvorgänger, nämlich der Aminosäure Tryptophan und des 5-hydroxytryptophans (5-HTP), was zu einer erhöhten Zellabgabe von Serotonin führt. Ausgehend vom Tryptophan das aus der Nahrung gewonnen wird, synthetisieren die Nervenzellen 5-HT in einem zweistufigen Prozess. Nachdem das Tryptophan von den Zellen aufgenommen worden ist, wird es zunächst in 5-HT und dann in Serotonin umgewandelt. Tryptophanzugaben gegen Depressionen, Angstzustände und Schlafstörungen haben eine lange Geschichte. Unglücklicherweise hat das FDA seit 1988 Bestimmungen erlassen, die die Herstellung und den Verkauf von Tryptophan verbieten. Dies hat zu dem dubiosen Zustand eines nahezu totalen Verbotes geführt, verursacht durch eine einzige verunreinigte Lieferung dieser Aminosäure in den späten 80er Jahren einer japanischen Firma. Nur mit dieser Lieferung konnten ernsthafte Nebenwirkungen in Zusammenhang gebracht worden, während ansonsten in keinem anderen Fall negative Nebenwirkungen mit Tryptophan aufgetreten sind. Nichtdestotrotz hält das FDA angesichts überwältigender Beweislast sein Verbot aufrecht, was nicht nur überflüssig ist, sondern Menschen veranlassen kann, teure und gefährliche Drogen zu kaufen, in der Hoffnung, einen Nutzen zu erlangen, den sie preisgünstig und ungefährlich mit Tryptophan erhalten könnten.
Glücklicherweise findet das FDA-Verbot auf 5-HTP, dem nächsten Schritt zum Serotonin keine Anwendung. Obwohl das Tryptophanverbot unnötig und überflüssig ist, hat es uns sogar einen unvorhergesehenen Vorteil gebracht, da es uns erlaubte, uns auf 5-HTP zu konzentrieren, dass, wie sich herausstellte, sogar noch besser als Tryptophan war, um vermuteten Serotoninmangelsymptomen im Hirn entgegenzuwirken.
5-HTP UND DEPRESSIONEN
Verschiedene Verhaltensstudien wie auch biochemische Untersuchungen haben gezeigt, dass 5-HTP in engem Zusammenhang mit depressiven Störungen zu sehen ist. In einer französischen Untersuchung wurden 36 Patienten, die an ernsten Depressionen litten, mit 5-HTP behandelt. Dabei wurden 28 positive Ergebnisse, 4 Fälle von Intoleranz und 4 Behandlungsfehler gemeldet.4 Eine Gruppe japanischer Wissenschaftler verabreichte 24 Patienten, die stationär gegen Depressionen behandelt wurden, 5-HTP. Nach 2-wöchiger Behandlung beobachteten sie bei 7 Patienten bereits eine "bemerkenswerte Verbesserung der depressiven Symptome". Gleichzeitig war die Gabe von 5-HTP von einer 30%tigen Zunahme von 5-HIAA, dem ersten Stoffwechselprodukt des Serotonins, in der cebrospinalen Flüssigkeit begleitet. Diese Tatsache läßt vermuten, dass exogenes 5-HTP in Serotonin umgewandelt worden ist.5
Klinische Doppeltblindstudien mit Depressionen in denen die Wirkung von Tryptophan und 5-HTP verglichen wurde, zeigte sich 5-HTP dem Tryptophan klar überlegen.6 In einige Studien ist 5-HTP auch mit zyklischen Antidepressiva (z. B. Elavilâ) den effektivsten Drogen zur Behandlung von Depressionen bis zur Entwicklung der SSRI, verglichen worden. Danach wurde 5-HTP bei schweren Depressionen schlechtestenfalls als gleichwertig erkannt bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen.7
Wie zeigt sich 5-HTP im Vergleich mit der heutigen Standardbehandlung, den
selektiven Wiederaufnahmehemmern (englisch: selective serotonine reuptake
inhibitors, SSRI). Dies war die Fragestellung einer Doppelblindstudie die von
einer Gruppe deutscher und schweizer Wissenschaftler unter der Leitung von Dr.
W. Pöldinger an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Basel, Schweiz,
durchgeführt wurde.10 Die Patienten - es handelte sich bei allen um
diagnostizierte Depression - erhielten entweder dreimal täglich 100mg 5-HTP oder
dreimal täglich 150mg Fluvoxamin (ein SSRI). Ihr Zustand wurden alle 0, 2, 4 und
6 Wochen nach einem Standard zur Messung von Depressionen beurteilt, während die
Patienten gleichzeitig um eine Selbstbeurteilung gebeten wurden.
Die
Resultate waren überraschend. Beide Gruppen zeigten mit Beginn der zweiten Woche
durchgehend bis zur 6. Woche einen signifikanten und nahezu gleichen Rückgang
ihrer Depressionen um wenigstens 50%. Nachdem die Zahlen am Ende der Studie
zusammengezählt waren, stellten die Untersucher fest, dass der für eine
Verbesserung gefundene Wert für die mit 5-HTP behandelten Individuen tatsächlich
höher war. Die Zahl der Behandlungsausfälle war in der Fluvoxaminegruppe (17%)
höher als in der 5-HTP-Gruppe (6%), obwohl dieser Unterschied statistisch nicht
sehr bedeutsam war. Die Selbstbeurteilung der Patienten verlief nahezu parallel
zum Standard-Depressionsmaß.
Nachteilige Nebenwirkungen waren für beide
Behandlungen selten und im allgemeinen äußerst schwach und traten wenn
überhaupt, nur in den ersten Tagen auf und verschwanden danach. Ganz generell
zeigte sich 5-HTP besser verträglich als das SSRI.
ÄNGSTE
ÜBERWINDEN
In einer früheren Studie wurden 10 Patienten mit Angst-Syndromen
mit 5-HTP behandelt. Dabei konnte eine beachtliche Rückführung der Ängste
beobachtet werden unter Verwendung dreier verschiedener Systeme zur Messung von
Angstzuständen.11 In einer Studie mit 20 Patienten mit Panik-Syndromen,
beobachteten mehrere ein Gefühl der "Erleichterung" nach Einnahme des
5-HTP.12
BESSERER SCHLAF
Tryptophan wurde und wird unter anderem
genommen, um besser schlafen zu können. Serotonin scheint einen Einfluß auf den
Schlaf zu haben, da einer seiner Stoffwechselprozesse direkt zu Melatonin führt,
heute weithin bekannt als Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus bestimmt. Bei der
Zufuhr von Tryptophan oder 5-HTP, um die Produktion von Serotonin zu erhöhen,
wird gleichzeitig die Melatoninproduktion erhöht. Während die Rolle von
Tryptophan in Bezug zum Schlaf umfangreich dokumentiert ist,13 16
gibt es nur
wenige Studien, die sich mit dem Verhältnis zwischen 5-HTP und dem Schlaf
beschäftigt haben. Französische Untersucher fanden, das 100mg 5-HTP bei
Patienten mit "mittlerer Insomnie" (Schlaflosigkeit) in einer bemerkenswerten
Verbesserung resultierte.17 Bei Beobachtung der Schlafmuster von Katzen, stellte
ein norwegischer Wissenschaftler bei 5-HTP mehr oder weniger die gleiche Wirkung
wie bei Tryptophan fest.18
APPETITZÜGLER
Menschen, die ihr Gewicht
reduzieren wollen, werden in zunehmendem Maße SSRI's verschrieben. Es hat sich
gezeigt, dass 5-HTP einen vergleichbaren Effekt erzielt. So fand der britische
Wissenschaftler J. Blundell an der Universität von Leeds, das viele der
Appetitzügler, die sich bei Labortieren als wirksam erwiesen hatten, nur ein
geringes klinisches Potential besaßen. Unter den vielversprechendsten Kandidaten
argumentiert er, sind jene wie 5-HTP, die den Serotoninspiegel im Hirn
erhöhen.19
Eine Gruppe italienischer Untersucher berichten von 20 Patienten
mit Fettleibigkeit, die bei Einnahme von täglich 900mg 5-HTP eine deutliche
Gewichtsabnahme verzeichnen konnten. Die Aufnahme von Kohlenhydraten war bei
ihnen geringer und zeigten kontinuierlich ein stets früheres Sättigungsgefühl
als die Placebogruppe. Sie schloßen aufgrund der guten Verträglichkeit, die
5-HTP gezeigt hat, dass es gut geeignet ist, um Fettleibigkeit zu
behandeln.20
KEINE MIGRÄNEKOPFSCHMERZEN
Migränekopfschmerzen werden
eng mit serotonergischer Aktivität in Verbindung gebracht. Drogen, die am
wirksamsten schienen, um Migräneanfällen begegnen zu können (z. B. Sumatriptan
und Dihydroergotamin), blockieren spezifische Serotoninrezeptoren im Hirn. In
einzelnen Fällen konnten SSRI's helfen, einem Migräneanfall zuvorzukommen, aber
es gibt auch Studien, die belegen, dass 5-HTP in der Lage ist, vor
Migräneanfällen zu schützen. Spanische Untersucher verabreichten 5-HTP oder
Methylsergid, ein altes Migränemittel an 124 Migränepatienten. Sie beobachteten
eine klare Verbesserung bei 71% der mit 5-HTP behandelten und bei 75% der mit
Methylsergid behandelten Patienten. Unter den mit 5-HTP behandelten handelte es
sich bei der Verbesserung um eine Abnahme der Intensität als auch der Dauer der
Schmerzen, während sich die Häufigkeit unverändert zeigte, jedoch zeigte 5-HTP
weitaus weniger Nebenwirkungen als das Methylsergid. Die Autoren sehen 5-HTP
durchaus als zur Migräne-Prophylaxe geeignet.21
Eine Gruppe italienischer
Forscher bestätigen in einer Doppelblindstudie mit 40 Migränepatienten die
prophylaktische Wirkung von 5-HTP. Entsprechend einer Zufallsauswahl erhielten
die Patienten über einen Zeitraum von 2 Monaten entweder täglich 400mg 5-HTP
oder ein Placebo. Am Ende der 2 Monate konnten 90% der mit 5-HTP behandelten
Patienten eine Abnahme der Schmerzen im Hinblick auf Stärke, Häufigkeit und
Dauer verzeichnen, verglichen mit den nur 16% der mit einem Placebo behandelten
Patienten.22