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NÄHRSTOFFINFORMATIONEN
Niacinamid und Lebenserwartung
Niacinamid und seine Beziehungen zu Kalorien, Genen und erhöhter Lebenserwartung
Nach neuesten Untersuchungen konnten jetzt weitere Zusammenhänge zwischen
verringerter Kalorienzufuhr und erhöhter Lebenserwartung geklärt werden.
Nach
letzten Informationen aus dem Human Genom Projekt wissen wir heute, das unsere
DNA aus etwa 30.000 Genen besteht. Dies ist eine große Überraschung, da zuvor
allgemein mit an die 100.000 Genen gerechnet wurde. Wir sind also doch nicht so
komplex, als bisher angenommen. Trotzdem sind auch 30.000 Gene noch eine ganze
Menge und es wird sicher viel Zeit brauchen, wollen wir jedes einzelne dieser
Gene in seiner Funktion und Aufgabe verstehen.
Es soll in diesem Artikel
gezeigt werden, welche Fortschritte im Hinblick auf das Verständnis lediglich
eines dieser Gene erzielt werden konnte, nämlich das Antialterungsgen mit dem
Namen Sir2 und der wichtigen Rolle, die der bekannte Mikronährstoff Niacinamid
in unserem Bemühen dem Alterungsprozess entgegen zu wirken, spielt. Jeder Aspekt
unserer körperlichen Strukturen und Funktionen, sowohl innen wie außen, wird
durch ein Gen oder eine Gruppe von Genen gesteuert. Von der Größe unserer Füße
bis zu optimaler Nierenfunktion, von der Wölbung einzelner Knochen bis hin zu
unserer Lebenserwartung ist wohl alles in unseren Genen mehr oder weniger
vorprogrammiert.
Wir haben alle schon von Menschen gehört, die trotz gesunder
Lebensführung (kein Tabak und kein Alkohol) und regelmäßigem Training, bereits
in jungen Jahren gestorben sind, genauso wie es Menschen gibt, die trotz Tabak
und Alkohol ein Alter von hundert Jahren erreichen konnten. Das Geheimnis dafür
ist in den Genen zu suchen. Wenn wir bereits heute bis in alle Einzelheiten
wüßten welche Gene wie wirken und wie dieses Wissen praktisch eingesetzt werden
kann, dann würden wir mit Sicherheit länger leben.
Alte und neue Wege zur Lebensverlängerung
Zur Zeit
entdecken wir, wie das Leben verschiedener niederer Organismen - Hefe, Würmer,
Fliegen und selbst Mäuse - verlängert werden kann. Einer dieser Wege ist bereits
seit langem bekannt und ausgewiesenermaßen einfach, während der andere den
letzten Errungenschaften der modernen Wissenschaft folgt.
Der alte Weg zur
Lebensverlängerung heißt ganz einfach: Weniger essen - nehmen Sie weniger
Kalorien auf. Laboratoriumsmäuse und -ratten leben etwa 40% länger als normal
gefütterte Tiere. Die Tiere sind fit, gesund und frei von altersbedingten
Krankheiten, außer dass sie weniger gebären. Weitere Studien haben gezeigt, dass
die Aufnahme von etwa 70% der normalen Ernährung die Lebensspanne von Hefe,
Rundwürmern, Mäusen und möglicherweise Primaten deutlich verlängert.
Nun,
wahrscheinlich werden nur wenige Menschen ihre Nahrungszufuhr um etwa 30%
verringern wollen, um eventuell ein paar Jahre länger leben zu können und es
erhebt sich die Frage, ob es nicht vielleicht, einfachere, leichtere und
angenehmere Wege gibt, dieses Ziel erreichen zu können.
Ja, ... gut,
möglicherweise, aber es ist noch zu früh für ein eindeutiges "Ja". Zwar häufen
sich die Hinweise auf einen Durchbruch im Bereich des sog. "human genetic
engineering" - den Möglichkeiten der Manipulation einzelner Gene, um auf diesem
Wege das gewünschte Ziel erreichen zu können.
Niacinamid - der Hauptdarsteller im
Lebensverlängerungsschauspiel
Bemerkenswerterweise - da völlig
unvorhersehbar - hat sich herausgestellt, dass ein naher Verwandter einer den
meisten Menschen inzwischen verhältnismäßig gut bekannten und von allen wohl
täglich zugeführten Substanz, nämlich Niacin oder besser gesagt Vitamin B3 der
Hauptdarsteller in unserem Lebensverlängerungsschauspiel ist. Ohne dieses
Vitamin würden wir schließlich an Pellagra zugrunde gehen. Auf der anderen Seite
ist eine hohe Dosis von täglich etwa 3 Gramm zur Senkung des Cholesterinspiegels
sehr effektiv.
Dies sind jedoch nicht die Aspekte des Niacin die uns hier im
Zusammenhang mit Fragen zur Lebensverlängerung interessieren. Niacin kann in der
Form seines Derivates, dem Niacinamid (oder Nikotinamid) mit ebenfalls
Vitaminaktivität ohne jedoch eine Senkung des Cholesterinspiegels zu bewirken,
genommen werden. In unserem Körper wird Niacinamid zu einem wesentlich größeren
Molekül, dem Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid oder kurz NAD umgesetzt. Und hier
ist der Punkt erreicht, an dem die lebensverlängernden Aspekte auftreten und
eingesetzt werden können.
Um jedoch zu einem möglichst umfassenden
Verständnis der tieferen Zusammenhänge zu gelangen, lassen Sie uns zunächst noch
einmal kurz die evolitionäre Leiter hinabsteigen und einen Blick auf Hefe und
Würmer werfen, da die Forschung bis heute noch vorwiegend auf diesen Bereich
konzentriert ist. Wie wir sehen werden gibt es daneben natürlich enge
Zusammenhänge und Beziehungen zur Humanbiologie.
Der Energiematabolismus verlangt NAD
In niederen
Organismen wie Hefe und Würmern ist NAD (ja, auch diese kennen es) ganz direkt
an zwei biologischen Prozessen beteiligt, die untereinander mit entscheidenden
Konsequenzen im Hinblick auf die Lebenserwartung dieser Organismen um die
vorhandene Menge dieses vitalen Moleküls streiten. Der eine dieser Prozesse ist
der Energiestoffwechsel, bei dem Glukose aus der Nahrung zur lebenserhaltenden
Energie in den Zellen umgewandelt wird. Der Energiestoffwechsel benötigt NAD,
das in einer Reihe von chemischen Reaktionen verbraucht wird. Je mehr Nahrung
dem Organismus zugeführt wird, desto mehr Glukose wird den Zellen zugeführt, so
dass im gleichen Maße um so mehr NAD benötigt wird.
Auch Geninaktivierung benötigt NAD
Dies ist eine
schlechte Nachricht für den zweiten um NAD wetteifernden biologischen Prozess:
Geninaktivierung, Genabschaltung oder -ruhigstellung. Es handelt sich hier um
einen biochemischen Mechanismus bei dem es darum geht, die meisten Gene in der
DNA der Zellen zu inaktivieren oder "ruhig zu stellen", d. h. das diese Gene
nicht an Prozessen der Proteinsynthese beteiligt sind. Eine Reihe von Genen sind
immer und in allen Zellen aktiviert, aber die Mehrzahl aller Gene ist im
allgemeinen die meiste Zeit inaktiv, so dass die Gene, die ihre Funktion
auszuführen haben, dies auch ohne Unterbrechung oder Schwächung durch die nicht
benötigten Genfunktionen tun können. Ohne eine derartige Regelung würde ein
totales molekulares Chaos herrschen.
Wenn unsere Zellen altern, dann werden
manchmal Gene aktiv, die bisher stets inaktiv waren und verursachen dadurch
Probleme, die im schlimmsten Falle zum Zelltod führen können. Die
Wissenschaftler glauben, dass damit viele mit dem Alterengsprozess verbundenen
Verfallsprozesse erklärt werden können. Da es also ungesund ist, zu v iele Gene
zur gleichen Zeit in Aktion zu halten, könnte gezielte Geninaktivierung eine
entscheidende Rolle im Hinblick auf eine möglichst dauerhafte und gesunde
Zellintegrität spielen.
Geninaktivierung
verlängert die Lebensspanne
Die Wissenschaftler haben
entdeckt, dass das Gen Sir2 nicht nur die Geninaktivierung kontrolliert, sondern
gleichzeitig einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensspanne des betreffenden
Organismus hat. Wird Sir2 aus dem DNA einer Zelle entfernt, dann ist die
Lebensspanne stark verkürzt. Wird jedoch eine Kopie des Gens hinzugefügt, dann
verlängert sich die Lebensspanne um bis zu 50%. Dies ist ein spektakuläres
Ergebnis, das um so interessanter ist, da in vielen Organismen von den Bakterien
bis zu den Menschen ähnliche Gene identifiziert wurden.
Trotzdem sind das
Entfernen und das Hinzufügen von Genen in Laboratoriumsexperimenten dramatische
Eingriffe. Wie sieht es aber mit dem wirklichen Leben aus? Wie verhält sich Sir2
in Bezug auf unsere Lebensspanne, wenn kein Wissenschaftler seine Finger im
Spiel hat? Die Tatsachen lassen vermuten, dass, wenn sich Sir2 relativ inaktiv
verhält, die Geninaktivierung nur mangelhaft funktioniert, das gleiche auch für
den Organismus gilt. Ist Sir2 jedoch voll aktiv, dann ist die Geninaktivierung
derart effizient, dass Gesundheit und Lebensspanne durchaus weiter ausgedehnt
werden könnten.
Weniger NAD für den
Stoffwechsel = mehr NAD für die Geninaktivierung
Die
eigentliche Geninaktivierung wird durch das Protein Sir2p ausgeführt, zu dessen
Synthese (Produktion, Erstellung) das Gen Sir2 programmiert ist. Jetzt hat sich
herausgestellt, dass Sir2p diese Funktion aber nur mit der Hilfe von NAD
auszuführen vermag. Ohne NAD können nicht benötigte Gene nicht inaktiviert
werden und ohne Geninaktivierung keine Lebenserweiterung, vielleicht sogar eine
Beschleunigung des Alterungsprozesses. Bedenken Sie jetzt jedoch folgendes: Wenn
Geninaktivierung NAD verlangt, der Stoffwechsel jedoch ebenfalls und es ist
nicht mehr vorhanden als gerade nötig, welche Situation würde der
Geninaktivierung hier am besten entgegenkommen? Die Antwort ist: Eine
Einschränkung des Energiemetabolismus, denn je niedriger der Stoffwechsel, desto
weniger NAD wird für diese Aufgabe benötigt und um so mehr NAD würde für die
Genaktivierung zur Verfügung stehen.
Wie ist eine Herabsetzung des
Energiemetabolismus zu erreichen? Ganz einfach: Essen Sie einfach
weniger.Vielleicht kommt Ihnen die Aufforderung zur Kalorienbeschränkung bereits
bekannt vor? Verringern Sie Ihre Kalorienaufnahme indem Sie weniger essen. Um so
weniger Sie essen, desto weniger Glukose gelangt in die Zellen und desto weniger
NAD wird für die Umsetzung in Energie benötigt - während im gleichen Maße um so
mehr NAD für die Geninaktivierung zur Verfügung steht und Sie werden um so
länger leben - möglicherweise. Also: Je niedriger und je langsamer der
Stoffwechsel, desto länger das Leben.
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Letztendlich haben wir jetzt eine
einfache, elegante Erklärung, warum eine Beschränkung der Kalorienaufnahme zu
einer Verlängerung der Lebensspanne führt. Dies ist zur Zeit zwar eher eine
Hypothese als eine gesicherte Erkenntnis, da es bis heute keinen klaren Beweis
gibt, aber die Forschung scheint hier auf dem richtigen Wege zu
sein.
Ist der Alterungsprozess komplex oder
einfach?
Ein gerade in "Trends in Genetics" veröffentlichter
Artikel diskutiert zwei einander gegenüber stehende Theorien zum
Alterungsprozess. 2 Eine der Theorien stammt von den evolutionären Biologen und
geht davon aus, dass der Alterungsprozess das Ergebnis einer ganzen Reihe von
körperlichen Prozessen unter dem Einfluss vieler verschiedener Gene ist. Wenn
dies wahr ist, dann ist höchst unwahrscheinlich, dass irgendein einzelner
biochemischer oder genetischer Eingriff oder Prozess die Lebensspanne
signifikant verlängern kann. Die andere Theorie kommt von den Molekularbiologen,
deren kürzliche Erfolge mit dem Sir2 Gen zu der Annahme führt, dass das Altern
genetisch gesprochen wesentlich einfacher ist, als die evolutionären Theoretiker
annehmen.
Siehe dazu auch Niacinamid - die Vorstufe für NAD -
Ihre natürliche Lebensversicherung
Die andere Theorie kommt von den
Molekularbiologen, deren jüngste Erfolge mit dem Sir2 Gen zu der Annahme führt,
dass der Alterungsprozess genetisch gesprochen im wesentlichen ein relativ
einfaches Phänomen darstellt. Sie glauben, dass der Alterungsprozess der
Programmierung lediglich eines oder einiger weniger Gene unterliegt und damit
relativ einfach zu modifizieren ist.
Bemerkenswert ist, dass das Gen Sir2 in
verschiedenen Formen in nahezu allen Tieren existiert und dieses Gen in der Lage
ist, die Lebensspanne so unterschiedlicher Organismen wie Hefe und Würmer
verlängern zu können.
Ist der
Alterungsprozess komplex und einfach?
Eine dritte Theorie des
Alterns versucht die beiden zuvor genannten Extreme zu vereinigen und wird von
dem Molekularbiologen Dr. Leonhard Guarente, Professor für Biologie am MIT und
führend in der Sir2 Forschung, vertreten. Er ist überzeugt, dass das Sir2 Gen
aufgrund seiner Abhängigkeit von NAD als sog. Coenzym, irgendwie in der Lage
sein könnte, den Status des zellularen Energiestoffwechsels anhand des
verfügbaren NAD widerzugeben. Sir2p "entscheidet" damit über den Einsatz des
Regulationsmechanismus für den Alterungsprozess. Obwohl dieser
Regulationsmechanismus in Hefe und Würmern verschieden ist, so ist beiden zur
Steuerung dieses Mechanismus jedoch die Zusammenarbeit von Sir2p und NAD (als
unentbehrliches Coenzym) gemeinsam. Es besteht daher die Möglichkeit, dass sich
dieser Regulationsmechanismus über das gesamte Tierreich bis hin zum Menschen
erstreckt, wobei lediglich die Steuerung des Regulationsmechanismus durch Sir2p
und NAD auf teilweise sehr unterschiedliche Weise erfolgen könnte.
Sollte
sich Dr. Guarente's Theorie als richtig erweisen, dann wäre wahrlich die Kluft
zwischen der Komplexität des evolutionsbiologischen Modells und der Einfachheit
des molekularbiologischen Modells überbrückt. Das letztendliche Ziel ist
natürlich die Kontrolle über den Alterungsprozess des Menschen. Professor
Guarente schreibt dazu:
- Zunächst ist es wichtig, gesichertes Wissen um die Zusammenhänge zwischen
dem Sir2 Gen und einer möglichen Lebensverlängerung beim Menschen zu erringen.
Angenommen dass das Sir2 Gen die Lebensspanne zu regulieren vermag, dann
könnte die Bestimmung ihrer Funktion sehr wohl jene Prozesse identifizieren,
die die Lebensspanne des Menschen begrenzen ... ein spezifischer und
übergreifender Mechanismus der den Stoffwechsel in Richtung Alterungsprozess
lenkt, würde die evolutionsbiologischen wie die molekularbiologischen Schulen
vereinen und sie geradezu herausfordern, die Möglichkeiten einer Intervention
zugunsten gesunder Langlebigkeit zu nutzen.
Die NAD Beziehungen - Eine völlige Überraschung
Es ist wohl ein ungewöhnlicher Glücksfall, dass eine uns derart vertraute
Substanz wie das Vitanmin B Niacinamid - als Vorstufe für das NAD - diese
zentrale Rolle im Alterungsprozess einnimmt. Wie bereits gesagt, es hätte wohl
niemand etwas derartiges vorhersagen können. Prof. Guarente selbst hat sich in
diesem Zusammenhang wie folgt geäußert:
- Das NAD traf uns wirklich wie aus heiterem Himmel und impliziert folgenden
interessanten Aspekt: NAD könnte ein Gradmesser für den metabolischen Status
der Zellen sein. Wenn es einem Organismus an Kalorien mangelt, dann steigt das
NAD Niveau. Mehr NAD bedeutet die Aktivierung von Sir2, was andere Sektionen
des Genoms deaktiviert und damit die Lebensspanne erweitert.
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